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01.08.2017, Winald Kasch
Rummms. Die Tür war zu. „Manmanman, was diese Unternehmensberatertruppe da wieder zum Thema Innovation vorgetragen hat. Hanebüchen.“
Bernd Heißschuss, Geschäftsführer der superfuncompany, hatte die Nase gestrichen voll. Er war auf der HotInnoCon17, einer Konferenz rund um das Thema Innovation, und wollte sich zum Thema inspirieren lassen. Spätestens seit den Erfahrungen auf der Branchenmesse Hot Air 2017 im Frühjahr, wo ein unbekannter chinesischer Wettbewerber mit einer radikalen Neuentwicklung aufgetreten ist, die die Investitionen in die aktuelle SFC Hot Air Produktreihe sehr fragwürdig dastehen ließen, kümmerte sich Bernd Heißschuss um das Thema Innovation. Das war jetzt Chefsache. Sie hatten 3 Jahre an der aus ihrer Sicht hoch-innovativen Produktreihe gearbeitet. Angefangen vor 4 Jahren mit den ersten Workshops zum Thema Innovationsmanagement. Eine große Unternehmensberatung hatten sie sich damals ins Haus geholt. Die hat alles analysiert und den Vorschlag zu einem Innovationsmanagement-Prozess gemacht. Mit Einführung einer bewährten Vorgehensweise wurden Ingenieurs- und planmäßig Ideen produziert und professionell bewertet. Im Gegensatz zu früher leistete man sich eine eigene F+E Abteilung und ließ kluge Köpfe dort in Ruhe arbeiten. Die baldowerten eine gute Idee nach der anderen aus und lieferten überzeugende Prototypen. Zusammen mit erfahrenen Führungskräften aus Marketing und Vertrieb wurde sich sukzessive für eine Serie neuer SFC Hot Air Produkte entschieden. Diese setzte man vor ca. 3 Jahren auf und es wurde hart und diszipliniert gearbeitet, damit sie rechtzeitig zu Beginn 2017 fertig wurden. Und dann dieses Desaster mit dem chinesischen Anbieter.
Nun war er auf dieser Innovationskonferenz in London, um für die Zukunft zu vermeiden, dass das noch mal passiert. Und er stellte fest, dass hier ja noch mehr heiße Luft als bei der superfuncompany produziert wurde. Das kam ihm alles sehr bekannt vor. Vorträge und Best Practices der gängigen internationalen Unternehmensberatungen, die sie auch schon im Haus gehabt hatten. Aber was hat das genützt. Nix.
„Verflucht!“ Er könnte sich schwarzärgern. Naja, im Prinzip tat er das auch gerade. Als damals die neue Produktreihe für die Serie vorbereitet wurde, hörte man ja nicht auf nach neuen Ideen zu forschen. Die F+E Abteilung arbeitete weiterhin an Ideen und Prototypen. Darüber hinaus schauten sie auch sehr genau, was im bestehenden Produktionsprozess innoviert werden könnte. Der Kostendruck war hoch und jede gute Idee, die Prozesse zu optimieren war willkommen. Also kümmerte sich die F+E Abteilung auch darum. Innovation wurde in den letzten Jahren quasi zum Mantra seiner Organisation. Es gab in jeden Bereich speziell initiierte Aktivitäten, Mitarbeiter wurden zum Thema Innovation geschult, bekamen Design Thinking Trainings, ein Innovation Officer wurde eingestellt. Von außen sah die superfuncompany wie die Fleisch gewordene Innovationsmaschinerie aus.
„Je länger ich drüber nachdenke … Verdammte Hacke!“ Bernd Heißschuss setzte sich auf eine Bank, nachdem er sich an einem Food Truck etwas zu Essen geholt hatte. Er war nun schon 2 Tage auf der HotInnoCon17 und hatte immer noch keinen Plan, oder besser, keine Idee, was sie in Zukunft anders machen sollten. Die Chinesen hatten einfach ganz anders gedacht. Während die superfuncompany immer davon ausgegangen war, dass heiße Luft in Produktionsanlagen unter kontrollierten Bedingungen hergestellt und verpackt werden müsste, um dann über den Handel oder das Internet verkauft zu werden, hatten die Chinesen einfach auf das Prinzip Selbstversorgung gesetzt: Heiße Luft wird mit Hilfe von Solarpanels einfach zuhause selbst produziert.
„Wieso sind wir da einfach nicht drauf gekommen? Dass sich Menschen zuhause heiße Luft selber produzieren?“
Ja, lieber Bernd. Das ist in der Tat eine gute Frage. „Warum seid ihr da nicht selber drauf gekommen?“
Wir sind uns ganz sicher, dass irgendjemand in deiner Organisation damals auch eine ähnliche radikale Idee hatte. Die Wahrscheinlichkeit, dass nur die Chinesen diese Idee hatten, ist zu gering. Warum kam sie aber bei der superfuncompany nicht an das Tageslicht?
Wir denken, du kennst die Antwort bereits. Genau: Sie war damals zu radikal. Und stellte damit zu viele Fragen, z.B.: Warum es sinnvoll wäre, sich selbst zu kannibalisieren und damit ein bewährtes Geschäftsmodell in Frage zu stellen?
Ihr wart auf der Suche nach neuen Ideen und Innovationen, und alles zu dem Thema sollte möglichst zügig, professionell und effizient laufen. Möglichst wenig Risiko bei gleichzeitig ausreichend guter Innovation. Das ging wahrscheinlich schon mit der Auswahl der Berater los. Vielleicht habt ihr lieber die genommen, die das, was ihr wolltet, schon ein paar Mal gemacht haben. Möglichst bei euch in der Branche. So dass sie mit den richtigen und vor allem bewährten Best Practices kommen. Die Prozesse und die Stage- und Quality-Gates, die ihr eingeführt habt, sollten dafür sorgen, dass nur die besten Ideen durchkommen. Und ein wichtiges Kriterium für „die besten Ideen“ war, dass sie nichts gefährden außer den Konkurrenten. Denn die Entscheidungsgremien waren in der Mehrzahl mit erfahrenen Führungskräften besetzt, die immer in der Lage waren, die Entscheidungslage zu kontrollieren. Die wenigen „Querdenker“ hatten keine Macht und zu wenig Einfluss. Und vielleicht würdest du sogar in deinen archivierten Mails den Hilferuf eines Querdenkers finden, der dir an allen vorbei etwas mitteilen wollte.
Wir Schlaumichel würden sagen: Euer System hatte zu viele interne Referenzen und hat sich damit erfolgreich gegen zu radikale Ideen gewehrt. „Interne Referenzen“ meint, dass sich eure Organisation aus dem erfolgreichen Agieren der letzten Jahre auf eurem Markt interne Regeln geschaffen hat. Die sind einzuhalten und sorgen dafür, dass Störendes und Überraschendes vermieden wird. Ihr wart nicht genügend mit eurer Umwelt, der externen Referenz, gekoppelt. Zwar gab es die eine oder andere Person, die eine ähnlich radikale Idee wie die der Chinesen gehabt hatte, allerdings hat eurer System dafür gesorgt, dass diese nicht willkommen ist. Das ist wie jemand, der in einem Konzert mit Musik von Brahms das Orchester dazu bringen möchte, Red Hot Chilli Peppers zu spielen.
Ein paar Vorschläge:
Und immer dran denken: „Efficiency eats innovation culture for breakfast.“ (… Quelle leider unbekannt.)
Unser Meetup ORGANEO Antipattern Night gibt in regelmäßigen Abständen die Gelegenheit Themen wie Innovationsmanagement und viele andere weiter gemeinsam zu thematisieren. Dazu laden wir dich herzlich ein!
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