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Über Sinn und Unsinn von „Filme gucken und drüber reden“

04.04.2016, Christian Kaschuba

Im Rahmen unserer ORGANEO Movie Night zeigen wir seit über einem Jahr regelmäßig Filme zu den Themen Führung, Leadership, Organisation, Arbeit und nutzen das Beisammensein mit den Gästen (je nach Film, Jahreszeit, Fußballsaison zwischen 12 und 50 Teilnehmer_Innen), um über das Gesehene und Gehörte zu sprechen, zu diskutieren, zu streiten, begeistert und manchmal auch enttäuscht gewesen zu sein.

Auf unserer vergangenen Movie Night kam es zu einer interessanten Diskussion über den Sinn und Unsinn Filme zu zeigen, um in Unternehmen etwas zum Besseren zu verändern.

Wir haben bereits 9x einen Filmabend veranstaltet. Darunter waren u.a Filme wie Work Hard Play Hard, Frohes Schaffen, Augenhöhe 1 & 2, Mein wunderbarer Arbeitsplatz, Kick out your boss, Das Beethoven Projekt und Musterbrecher-Der Film.

Jeder Film hat seine Berechtigung, und machen wir das nur mal daran fest, dass es immer Zuschauer gegeben hat oder gibt, die sich den Film angeschaut haben und anschauen werden.

Mittlerweile zeigen viele Unternehmen ihren Mitarbeitern solche Filme und reden drüber. Oder Berater zeigen sie ihren Kunden und reden drüber. Oder wir zeigen sie in unserer Movie Night und reden drüber.

Die Diskussion auf unserer Movie Night entzündete sich an der Stelle, wo eine Person die Idee hatte, den gezeigten Film (Musterbrecher) auf einer Außentagung des Geschäftsbereichs zu zeigen, wobei unser Gast zunächst den Chef mit ins Boot holen wollte.

Nun kenne ich den Chef nicht, die Gesamtsituation des Unternehmen auch nicht und die Gründe, warum das sinnvoll sein sollte den Film zu zeigen, auch nicht. Eigentlich schlechte Karten für eine weitere Betrachtung der Situation. Aber ich wage mich mal vor…

Das Unternehmen ist Teil eines Konzerns und hat Schwierigkeiten im Markt. Das konnte man letztens in der Presse lesen. Umsatzeinbruch, Verlust von Arbeitsplätzen. Das Management sucht neue Ideen und Maßnahmen. Es ist ratlos, wie man mit der Situation so umgeht, dass die Motivation nicht wegknickt, neue Ideen entstehen, wie die Lage zu bewältigen ist, und vor allem, was man tun sollte, damit das oder ähnliches in seiner Dimension nicht noch einmal passiert. Der Ruf nach Veränderung und Change (Management) liegt in der Luft und ist vielleicht auch schon konkretisiert worden. Das Unternehmen hat ein vorwiegend hierarchisches Bild seiner selbst. Es wird überwiegend gesteuert, standardisiert, automatisiert, prozessiert, motiviert usw. Man, bzw. der gemeine Mitarbeiter, tendiert schon lange dazu, „denen da oben“ die Schuld für die wiederkehrenden Krisen und den damit verbundenen Einschränkungen und Maßnahmen zu geben. Das Management auf der anderen Seite würde ja gerne viel bzw. Relevantes verändern, sieht aber immer wieder Schwierigkeiten, das mit „den Leuten hier“ zu machen.

Vielleicht ist es in diesem konkreten Fall anders, aber nehmen wir einmal an, es wäre so wie beschrieben: Was passiert, wenn eine Führungskraft wiederum seine Führungskraft fragt, ob es ok sei, einen Film auf einer Tagung zu zeigen? Vielleicht sagt die Führungskraft der Führungskraft: „Gute Idee! Sollten wir machen, bitte kümmern Sie sich darum, dass alle den Film auf der Tagung schauen können. Und ja, das mit dem Diskutieren danach erscheint mir nicht schlecht, da sollten wir dann gut zuhören…“

Und dann wird der Film besorgt, die Bühne bereitet, der Film geschaut, hinterher drüber geredet und diskutiert.

Ich sehe hier folgenden Denkfehler: Wieso sollte sich etwas Grundlegendes ändern, wenn hier die gleichen Mechanismen wie auch sonst im Unternehmen angewendet werden? Wenn die Führungskräfte, denen man eh schon die (Teil-)Schuld an der Lage gibt, nun Inspiration und Veränderung durch Filme erzeugen wollen? Alles was aus einer solchen Diskussion entsteht, entsteht weiterhin unter dem Mandat der hierarchischen Macht: Führungskräfte holen sich Erlaubnis bei ihren Führungskräften. Führungskräfte lassen die Veranstaltung planen und durchführen. Führungskräfte empfehlen eine Diskussionsform und lassen sie eventuell von Externen durchführen. Mitarbeiter werden also viele gute, innovative Ideen erzeugen, weil Führungskräfte ihnen das Feld bereitet haben. Nur werden die wirklich guten Ideen und Vorschläge, die eine grundlegende Veränderung herbeiführen könnten, nicht umgesetzt werden: „Zu riskant.“, „Hat man schon mal versucht.“ „Das geht bei anderen.“ „So schlimm ist es nun auch wieder nicht.“ Solange alles unter dem Mandat der hierarchischen Macht abläuft, werden sich am Ende alle so verhalten, wie sie es gewohnt sind. Nichts grundlegend Neues wird entstehen, obwohl viele es wollen. Alles läuft am tatsächlichen Problem vorbei.

Unsere Empfehlung für das wirklich wirksame Filmerlebnis:

Sucht einen Film aus und ladet Kolleg_Innen ein, die ihr mögt oder schätzt. Die, die kommen, sind immer die Richtigen.
Schaut euch den Film möglichst außerhalb eurer „offiziellen Arbeitszeit“ an. Das macht locker. Denkt dran, immer gute Getränke und Knabberkram am Start zu haben.
Wenn euch der Film langweilt und nicht inspiriert, macht nix. Nehmt den nächsten. Neuer Film, neues Glück.
Sprecht gemeinsam drüber, wenn euch was inspiriert und macht euch daran *eure* Probleme zu finden. Wenn euch ein Film zu einem guten Gespräch über eure Arbeit inspiriert hat, dann ladet wieder neue Kolleg_Innen ein und startet wieder von vorn: Stichwort „Schnellball“.
Vergesst nicht, dass Führungskräfte auch gute Kollegen_Innen sein können!
Nach dem Film: Probiert ruhig mal was aus, was in einem Film gesehen habt. Seid nicht enttäuscht, wenn es nicht klappt. Das ist eher die Regel. Ihr werdet dann etwas über eure Organisation lernen. Und diese Erkenntnis kann euch zu euren tatsächlichen Problemen führen.

Alternativ oder zusätzlich: Kommt zu unserer Movie Night und diskutiert mit uns über Sinn und Unsinn von „Film schauen und drüber reden“.

Eure ORGANEOs

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