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05.10.2017, Winald Kasch
Heinz Petersen, Produktionsleiter bei superfuncompany, war überrascht. Er hatte wochenlang phasenweise starke Kopfschmerzen und wenn er morgens aufwachte, dann kam es ihm vor, als wenn er einen über’n Durst getrunken hatte. Tagsüber schmerzten seine Glieder und auch das Sehen fiel ihm schwer. Unterm Strich fühlte er sich dauerhaft mies und nicht in der Lage voll am Leben teilzunehmen. Er traf Maßnahmen: Er schränkte seinen Alkoholkonsum ein, und auch den Kaffee, ging früher ins Bett, versucht sich mit Abendspaziergängen zu entspannen. Nahm, wenn es gar nicht ging, eine Kopfschmerztablette. Dennoch wurde es seit sechs Wochen nicht besser. Dann ging er zum Arzt.
Nach zügiger, aber eingehender Untersuchung gab es die Diagnose: Alle Beschwerden der letzten Wochen waren symptomatisch für den Nagel, den er im Kopf hatte. Und dagegen ließ sich einigermaßen schnell einiges tun. 2 Tage später waren der Nagel und alle Symptome weg.
Heinz Petersen war nicht nur überrascht, dass er den Nagel in seinem Kopf nicht in Zusammenhang mit seinen Beschwerden gebracht hat, er war noch viel mehr überrascht über die Tatsache, dass er plötzlich anderes klarer sah. Vor allem wurden ihm Zusammenhänge in seinem Unternehmen klarer:
Die superfuncompany war zwar erfolgreich am Markt (der geneigte Leser erinnert sich: superfuncompany inc., Produktion und Verkauf von Heisser Luft, inkl. Serviceleistungen, international), aber es gab einen Haufen Spannungsfelder im Unternehmen: Zwischen Vertriebsleitung und Produktionsleitung, Niederlassungen und Headquarter, Geschäftsführung und dem mittleren Management, undundund. Früher, Heinz war jetzt seit 17 Jahren im Betrieb, war es irgendwie besser. Es gab weniger tägliche Konflikte, die Zusammenarbeit ging reibungsloser von statten, die allgemeine Stimmung war nicht so angespannt. Irgendwie hatte sich mittlerweile im wahrsten Sinne des Wortes einiges im Unternehmen verspannt.
Und apropos „Empowerment“. Und ja, natürlich hat man schon erkannt, dass es an vielen Stellen sinnvoller war, Mitarbeiter zu „empowern“, ihnen also mehr Befugnisse und Ansporn zu geben, die Probleme im Tagesgeschäft unter Kollegen autonomer und eigenständiger zu klären. Aber war das die Lösung?
Machte es wirklich dauerhaft Sinn, Mitarbeiter mit „Empowerment“ auszustatten, wenn man quasi jede Woche wieder erleben konnte, in welchen, zum Teil selbst-geschaffenen, Zwängen auch die Geschäftsführung und das Management, dem er ja auch angehörte, steckten? Wenn man annahm, dass auf den oberen Ebenen der Grad an zweckorientierter Autonomie und Gestaltungsfreiraum groß war, dann musste man da nur mal an einem Managementmeeting teilnehmen: Wie dort taktiert, gebremst, ausgesessen wurde. Wie sehr man sich dort den täglichen (Schein-)Gefechten und Nick-Themen hingab. Nur um dann später wieder alles so zu machen, wie es den eigenen Interessen diente. Würde es nicht auch Sinn machen, dass sich das Management und die Geschäftsführung einmal wieder selbst „empowern“, um sich zu hinterfragen, ob das alles so sein muss, und wer den Nutzen davon hatte. Der Kunde sicher nicht. Die Mitarbeiter auch nicht. Die wurden jetzt zwar „empowered“, aber doch letztlich nur, um das zu kitten, was das Management hinterließ, oder?
Da stellt Herr Petersen ja mal eine gute Frage: Dient Empowerment von Mitarbeitern nicht letztlich nur dazu, die Performanceverluste zu kompensieren, die durch das Schlamassel der Führungsebenen entstehen?
Unser Meetup ORGANEO Antipattern Night gibt in regelmäßigen Abständen die Gelegenheit Themen wie Empowerment und viele andere weiter gemeinsam zu diskutieren. Dazu laden wir dich herzlich ein! Z.B. am 12.10.17 bei uns im Mindspace.
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